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Das Innere der Kirche





Wenn Sie die Emmeram-Kirche betreten, stehen Sie unter der Empore wie in einem etwas düsteren Vorraum: Ein schmiedeeisernes Gitter  trennt Sie vom eigentlichen Kirchenraum (es wurde um 1710 bis 1720 für die Dominikanerkirche in Eichstätt gefertigt, um 1745 von dort nach Spalt verkauft und umgearbeitet. Ein Blechbild der Gottesmutter von 1748 erinnert an den Stifter). In diesen Bänken wird fast täglich der Rosenkranz gebetet. In der weihnachtlichen Zeit ist auf der rechten Seite die große Krippe aufgebaut.

Vom Vorraum aus wird unser Blick durch die gleichmäßige, lange und hohe Decke wie von selbst nach vorne gezogen, zum Altarraum und Hochaltar. Deswegen gehen wir im Mittelgang langsam nach vorne. Dabei werden wir begleitet: An jedem Pfeiler ist ein geschmücktes Kreuz aufgemalt; ein schmiedeeiserner Leuchter trägt eine Kerze. Darüber stehen große Holzstatuen. Sie zeigen die zwölf Apostel (barocke Schnitzwerke aus dem frühen 18. Jahrhundert, Umkreis des Christian Handschuher, Eichstätt).

Somit stellen sie dieselbe Idee dar wie die Leuchterkreuze: Wie der Kirchenbau durch die zwölf Pfeiler getragen wird, so hält unsere Verbindung mit den Sendboten Jesu uns als Gemeinschaft der Kirche zusammen. Auf unserem Weg der Begegnung mit Gott begleiten uns die Zeugen des Glaubens.

Der Reihe nach von hinten nach vorne sind dargestellt:

Linke Seite:
Simon der Zelot (mit Säge)
Matthäus (mit Hellebarde)
Jakobus d. Ä. (mit Pilgerstab)
Thomas (mit Lanze)
Philippus (mit Buch)
Petrus (mit Himmelsschlüsseln)

Rechte Seite:
Judas Taddäus (mit Keule)
Bartholomäus (mit Haut)
Jakobus d. J. (mit Walkerstange)
Johannes (mit Buch und Kelch)
Andreas (mit schrägem Kreuz)
Paulus (mit Schwert)

Die Reihe der Apostel wird beim dritten Pfeiler unterbrochen: Links eine Darstellung des Kreuzes Jesu mit den Figuren von Maria und Johannes (um 1720), rechts die Kanzel (sie stammt aus derselben Zeit wie die Altäre, um 1700).

Oben auf der Kanzel grüßt eine gotische Figur (1470 bis 1480). Obwohl oft als Bonifatius gedeutet,  wird sie eher Bischof Nikolaus darstellen. Auf unserem Glaubensweg ist der Blick auf Jesu Kreuz ebenso wichtig wie das Hören auf sein Wort.

Über den Apostelfiguren begleiten uns ebenso sechzehn Bilder aus dem Kreuzweg Jesu (um 1895, von Kunstmaler Bonifaz Locher, München).

Ebenfalls am dritten Pfeiler findet sich (auf der Vorderseite) eine Besonderheit: Hier wurde ein Rest der Malerei frei gelegt, die in der jungen Gotik große Teile der älteren Kirche schmückte: Eine heilige Person mit Krone, von der nur noch das Brustbild erhalten ist (um 1310). Auch ein schmaler Einblick in das alte Mauerwerk wird uns da gestattet.

Nun stehen wir vor dem Chorraum. Die hölzernen Gitter wirken wie eine Schranke: Vielleicht ein guter Hinweis, dass wir Menschen nicht überall herumtrampeln sollen, sondern dass es Freiräume geben muss, die für sich und still bleiben.

Rechts sehen wir den Taufbrunnen (um 1820, Zeit des Klassizismus); links am Pfeiler hat man eine Figur der Gottesmutter in ein hölzernes Häuschen gestellt. Sie wird „Unsere liebe Frau von Spalt“ genannt und geht auf eine Schenkung zurück, die der gebürtige Spalter Georg Burckhardt „Spalatin“ seiner Heimatstadt im Jahre 1519 gestiftet hat. Spalatin war Freund Martin Luthers sowie Hofkaplan und Geheimsekretär des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen. In den Sockel der Figur hat der Stifter die Worte schnitzen lassen:
RELLIQUIAE DIVUUM MARIAE PATRIAEQUE SALUTI M.D.XIX, d.h.: Reliquien von Heiligen, Maria und der Vaterstadt zum Gruß 1519.

Die Figur ist hinten ausgehöhlt, d.h. sie konnte tatsächlich als Behälter für Reliquien verwendet werden. Diese sind allerdings verloren gegangen. Vier Jahre nach seiner Schenkung (1523) schloss sich Spalatin Luthers reformatorischer Gemeinschaft an.

Sehen wir uns nun den Altarraum an: Er wird beherrscht vom hölzernen Kasten des Hauptaltares, an dem heute die Messe gefeiert wird. Das umrahmte Bild an seiner Vorderseite zeigt uns eine barocke Darstellung der Anbetung der Hirten (um 1700).

Dieser Vorderteil war ursprünglich als Antependium („Vorhängestück“) am vordersten rechten Seitenaltar angebracht; sein Gegenstück kann man noch am linken Seitenaltar sehen. Zum Altarbereich gehören noch der Ambo (von dem aus die Lesungen vorgetragen werden), die Sitze für den Priester und die Ministranten, die Altarleuchter und das Vortragekreuz.

Als nächstes sehen wir das Chorgestühl (Eiche, um 1700, Stuhlwangen aus Föhre): In diesem Chorgestühl beteten die Chorherren die Psalmen. Nach der Säkularisation 1804 wurde das Chorgestühl von den Räten der Stadt besetzt.

Das beherrschendste aber ist der Überbau des alten Altares im Rund der Apsis: Dieser Hochaltar birgt noch den eigentlichen steinernen Altartisch, der wohl zum ältesten Bestand der Kirche gehört (wohl schon mit dem Bau der Apsis um 1180). Nur ist dieser umbaut und mit einem hohen Aufbau geschmückt; daher wird er Hochaltar genannt. Sein großes Hauptbild zeigt Emmeram, den Patron der Kirche, wie er als Märtyrer auf eine Leiter gebunden stirbt (nach d. Original von St. Emmeram in Regensburg).

Darüber ist in einem Holzrelief die Gottesmutter Maria bei ihrer Aufnahme in den Himmel zu sehen (anscheinend 19. Jhd.); sie ist die zweite Patronin der Kirche. Der Tabernakel, in dem das Brot der Eucharistie als Allerheiligstes aufgewahrt wird, steht zwischen zwei Brustfiguren aus Silber, in denen die Patrone der beiden Spalter Stifte dargestellt sind: Links Emmeram, rechts Nikolaus (eine hervorragende Arbeit von Franz Rupert Lang aus Augsburg, 1730).

Vor dem Hochaltar hängt eine Ampel von der Decke, in der ein rotes Licht brennt (Augsburger Arbeit, 1715 - 1720): Das Ewige Licht ist Zeichen für die bleibende Gegenwart Gottes und zeigt die Nähe des Tabernakels an. Wir Christen haben das ewige Licht aus der jüdischen Synagoge übernommen. So zeigt sich im Kirchenbau unsere bleibende Verbundenheit mit dem Volk des alten Bundes.

Rechts neben dem Hochaltar ist eine kleine Steinplatte an der Wand angebracht, mit der an einen der bedeutendsten Spalter Priester gedacht wird: Wolfgang Agricola (1536-1601).

Im Boden vor dem Hochaltar ist eine steinerne Grabplatte eingelassen. Den Namen des Verstorbenen kann man an seinem Wappentier erraten: Der Bär steht für Caspar Beer. Das Wappen oben an der Decke steht für Bischof Michael Rackl von Eichstätt (1935 bis 1948), in dessen Amtszeit die Kirche renoviert wurde.

Vier große Gemälde hängen an den Wänden des Chorraums. Im Uhrzeigersinn sehen wir: Maria, die vom Schwert des Schmerzes durchbohrt wird, in Begleitung von Engeln; Jesus wird als Erstgeborener im Tempel Gott dargebracht; Maria besucht ihre Verwandte Elisabeth und schließlich die Geißelung Jesu (wahrscheinlich vom Eichstätter Maler Thaddäus Sauter, 1740 - 1750).

Nun gehen wir das rechte Seitenschiff nach hinten.
Alle Altäre der Emmeramskirche stammen aus der Zeit um 1700, sind mit Nussbaum und Ebenholz furniert und an den Schnitzereien vergoldet (wohl nach Entwürfen des Eichstätter Hofbaumeisters Jakob Engel).

Der vorderste Altar ist Maria Magdalena geweiht (nach dem Original von Kaspar Sing im Dom zu Eichstätt). Zwei Kirchenväter begleiten sie als Figuren: Links Hieronymus als Kardinal mit dem Löwen, rechts Augustinus mit dem brennenden Herzen in der Hand; an der Wand hängt ein barockes Herz-Jesu-Bild (nach 1750); ihm ist eine noch junge Statue mit demselben Thema beigestellt.

Am Pfeiler ein Epitaph (Grabtafel, 16. Jhd.) mit Anbetung der drei Könige.
Der mittlere Seitenaltar ist dem Hl. Josef gewidmet (Statue um 1700 gleichzeitig mit dem Altar; Kreis des Christian Handschuher, Eichstätt). Über ihm in einem Medaillon ein Märtyrer in rotem Gewand. Im Bild über dem Beichtstuhl (um 1700) sehen wir Petrus, den der Hahn an seinen Verrat erinnert.

Am Pfeiler eine Figur des Hl. Wendelin (1720 - 1730).
Der hinterste Altar gehört dem Heiligen Sebastian, der in Spalt lange durch eine eigene Bruderschaft verehrt wurde: Über Sebastian hat derselbe Künstler (Wirsching, 1890) im Medaillon einen Engel dargestellt, der dem Heiligen den Kranz des Sieges überreicht.

An der Wand ein Bild der Krönung Mariens (um 1510, vielleicht aus dem Umkreis des Veit Stoß). Es war früher das Kriegerdenkmal für die im ersten Weltkrieg Gefallenen.

Im Medaillon über dem Beichtstuhl: Der Heilige Jan Nepomuk aus Prag, der als Beichtpatron gilt.

Im linken Seitenschiff finden wir von hinten nach vorne:

Am ersten Pfeiler: Eine Figur des Heiligen Willibald, des Gründers unseres Bistums Eichstätt (gestiftet von Kanonikus Anton Essel 1756); wahrscheinlich ein Werk des Eichstätter Hofbildhauers Matthias Seybold, der 1696 in Theilenberg geboren wurde und den Aufriss des dortigen Turmes lieferte.

Als erstes kommen wir zum Altar der Hl. Anna: Die Mutter Mariens wird dargestellt, wie sie ihre Tochter in der Heiligen Schrift belehrt. Im Buch, das sie Maria zeigt, steht ein Zitat aus Lk 2,19: „Maria behielt alle diese Worte und überlegte sie in ihrem Herzen“ (Sebastian Wirsching 1885).

Der mittlere Altar ist Maria geweiht: Die Gottesmutter steht auf der Mondsichel als Zeichen des Sieges über den Aberglauben (spätgotisch um 1500, bedeutendes Werk eines Eichstätter Meisters, vielleicht Hans Bildschnitzer). Diese Figur dürfte in dem Teil der Kirche, der im Mittelalter für Laien zugänglich war, die beherrschende Figur gewesen sein. Im Medaillon über dem Altar sehen wir den Patron des Stiftes mit Stiftsmodell, St. Emmeram, das Medaillon über dem Beichtstuhl zeigt den Apostel Paulus.

Vorderer Seitenaltar, Katharinenaltar: Das Antependium ist das Gegenstück zu dem im Hauptaltar verwendeten - der Tod des Jesuiten-Missionars Franz-Xaver ist hier dargestellt.

Auf dem Altartisch wurde eine Madonna und Kind mit Birne aufgestellt (um 1430, im „weichen Stil“); sie stand ursprünglich in der Friedhofskirche St. Johannes. Das Altarblatt stellt Katharina von Alexandrien dar (Wirsching 1890), flankiert von den beiden größten Heiligen mit dem Namen Johannes: Links der Täufer, rechts  der Apostel und Evangelist.

Die vielen Grabsteine und Denkmäler werden Ihnen sicher aufgefallen sein. Warum wurden bestimmte Leute hier in der Kirche begraben und nicht auf dem Friedhof? Dieser Brauch hat in Rom beim Grab des Apostels Petrus angefangen. Bei den Grabungsarbeiten Mitte des 20. Jahrhunderts hat man festgestellt, dass die frühen Christen möglichst nahe bei Petrus begraben sein wollten.

So hofften sie, dass sie bei der Auferweckung der Toten auch möglichst bald an die Reihe kämen. Weil ja Gott sicher, so dachte man, bei seinen engsten Freunden mit der Auferweckung anfangen werde. Dieser Brauch hat sich bis in die jüngere Zeit gehalten.

Wer es sich leisten konnte oder sich bedeutend vorkam, ließ sich möglichst nahe am Altar der Kirche begraben - denn im Altar befindet sich ein „Grab“ mit Reliquien eines Heiligen. Aus demselben Grund sind die alten Friedhöfe auch rund um die Kirchen (Altäre) angelegt.

Übrigens sind im nördlichen (linken) Seitenschiff ausschließlich Angehörige des Stiftes St. Emmeram beigesetzt, im südlichen (rechten) Seitenschiff auch adelige Männer und Frauen. Man wollte also sauber zwischen „weltlichen“ und „geistlichen“ Personen trennen.

Vier Glocken erklingen im Turm: Sie wurden 1747 von Nikolaus und Claudius Arnold in Dinkelsbühl aus altem Material neu gegossen. Angefangen bei der größten sind dies 1.) die Dreifaltigkeitsglocke, 2.) die Marienglocke, 3.) die Glocke der Heiligen Emmeram, Laurentius und Donatus und 4.) als kleinste die Engelsglocke in der Laterne des Turmes.

Im Zuge der Renovierung 1976 bis 1982 wurde auch eine neue Orgel bei der Firma Mathis (Schweiz) in Auftrag gegeben. Die Orgel hat einen Spieltisch (zwei Manuale) und das Pedal. Aus 24 Registern erklingen die Pfeifen - eine der klangreichsten Orgeln im Landkreis! Die Orgelweihe fand am 24.10.1982 statt. Neben der Orgel finden sich am ehemaligen Südturm Reste (romanischer) Steinmetzarbeiten (Fensterreste u.a.).



Empfehlungen:

Gratuliere - Sie haben es geschafft! So viel wie über St. Emmeram gibt es über keine unserer Kirchen zu erzählen. Umso wichtiger ist es vielleicht sich aus den vielen Eindrücken einen oder zwei für eine ruhige Betrachtung auszuwählen.

Eine unbekannte heilige Person begegnet uns links des Hauptschiffes am dritten Pfeiler. Aus dem Raumputz heraus geschält erzählt die verblassende Farbe von Jahrhunderten. Doch der Blick dieses gekrönten Menschen ist ganz wach und lebendig. Nur, er schaut uns nicht an; der Blick geht voll Erwartung nach vorne zum Altar. So als ob er oder sie gerade unterwegs wäre... Unterwegs durch Jahrhunderte, immer auf Christus zu. Sicher will dieser Mensch mich einladen mit zu gehen. Doch wird er nicht auf mich warten: Zu sehr drängt es ihn zu Christus. Ihm will er begegnen, bei ihm ankommen.

Fremder Mensch, deinen Namen kenne ich nicht. Woher du kamst, was du getan hast - nichts weiß ich von dir. Mancher wird gleich dir seinen Weg gehen, verborgen unter dem Putz der Geschichte. Wohin gehe ich?

Johannes schaut uns an als einziger der Apostel. Alle sehen sie irgendwo hin, zum Himmel, zur Kanzel, zueinander, doch einer nur schaut auf uns. Ganz offen und einladend ist sein Blick. Den Finger der Hand, die den Kelch trägt, streckt er aus. Will er uns auf etwas deuten? Auf das Vortragekreuz, den Altar? Sicher zeigt er auf Christus.

Und mich sieht er an. Als ob er sagen wollte: „Wer Er für mich ist, weiß ich. Mir ist er die Mensch gewordene Weisheit Gottes,

das ewige Logos-Wort des Vaters. Kein Schlangengift der Welt kann mich schrecken, denn er ist der Heiland, der Heilende, der

Heilige. Wer aber ist er für dich? Weißt du es schon? Wirst du ihm noch begegnen?“

   

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Freitag, 26. April 2024 14:06
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